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| Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klage ist begründet. Dem Kläger stehen nach §§ 1, 3 Abs. 1 iVm. § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG für den Streitzeitraum Grundvergütung, Vergütungszulage und Weihnachtsgeld berechnet nach Vergütungsgruppe Vb Stufe 10 abzüglich der von der Beklagten unter Zugrundelegung von Vergütungsgruppe Vb Stufe 7 geleisteten Zahlungen zu. Die Beibehaltung der in § 6 RTV iVm. Anlage 1 VTV 2001 geregelten Altersstufen als Basis für die Berechnung der Grundvergütung, der Vergütungszulage und des Weihnachtsgelds verstößt gegen das Verbot der Altersdiskriminierung (§ 7 Abs. 1 AGG iVm. § 1 AGG). Die aufgrund betrieblicher Übung Vertragsinhalt gewordene Vergütungsregelung ist nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam, soweit sie jüngere Arbeitnehmer diskriminiert (vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 31, BAGE 140, 1). Die Ungleichbehandlung kann nur durch eine Anpassung der Vergütung nach oben beseitigt werden. |
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| I. Die Beklagte vergütet ihre Arbeitnehmer seit 1. April 2003 auf der Grundlage einer die Höhe des Entgeltanspruchs bestimmenden betrieblichen Übung. Dies ergibt die Auslegung des Verhaltens der Parteien. |
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| 1. Die vom Landesarbeitsgericht unterlassene - grundsätzlich den Tatsachengerichten vorbehaltene (st. Rspr., vgl. BAG 25. April 2013 - 8 AZR 453/12 - Rn. 23; 15. April 2014 - 3 AZR 435/12 - Rn. 18) - Auslegung des dem tatsächlichen Verhalten der Parteien zukommenden Erklärungswerts kann der Senat selbst vornehmen. Die für die Begründung einer Zahlungsverpflichtung der Beklagten erheblichen Tatsachen hat das Landesarbeitsgericht festgestellt. Die Vergütungspraxis der Beklagten ist zudem zwischen den Parteien unstreitig. |
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| 2. Von einer betrieblichen Übung ist bei regelmäßiger Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers auszugehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille, sondern wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte. Im Wege der Auslegung des Verhaltens des Arbeitgebers ist zu ermitteln, ob die Belegschaft davon ausgehen musste, die Leistung werde nur unter bestimmten Voraussetzungen oder nur für eine bestimmte Zeit gewährt (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 317/09 - Rn. 20, BAGE 133, 337). Liegen die Voraussetzungen des § 151 Satz 1 BGB vor, wird allerdings nur die Verlautbarung der Vertragsannahme gegenüber dem Antragenden entbehrlich, nicht aber die Annahme als solche. Ein Schluss auf einen entsprechenden Annahmewillen ist jedoch gewöhnlich dann gerechtfertigt, wenn der Erklärungsempfänger ein für ihn lediglich vorteilhaftes Angebot nicht durch eine nach außen erkennbare Willensäußerung abgelehnt hat (BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 511/11 - Rn. 62). |
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| 3. Die Beklagte hat ihren Arbeitnehmern, jedenfalls soweit sie vor dem 1. November 2002 eingetreten sind (vgl. § 1 und § 19 BV 2008), seit 1. April 2003 differenziert nach Vergütungsgruppen und Altersstufen in der durch die Vergütungstabelle April 2003 ausgewiesenen Höhe eine um 1,7 % erhöhte Vergütung und darüber hinaus - berechnet aus der Summe von Grundvergütung, Ortszuschlag und allgemeiner Zulage - ein (erhöhtes) Weihnachtsgeld und eine Vergütungszulage gewährt. |
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| Die Leistungen beruhten auf einem generalisierenden Prinzip, das hinsichtlich der Grundvergütung und der allgemeinen Zulage in der Vergütungstabelle April 2003 lediglich schriftlich festgehalten wurde. Die von der Beklagten geübte Praxis konnte von den Arbeitnehmern als Angebot gewertet werden, die Beklagte werde auch künftig Vergütung in entsprechender Höhe zahlen. Mit dem Bekanntwerden der allen vor dem 1. November 2002 eingetreten Arbeitnehmern gewährten Leistungen in Verbindung mit dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes wurde ein zurechenbarer objektiver Bindungswille der Beklagten deutlich (vgl. BAG 28. Mai 2008 - 10 AZR 274/07 - Rn. 23). Die Beklagte selbst behauptet nicht, die künftige Vergütungshöhe und deren Bestandteile seien nicht verbindlich oder nur unter Einschränkungen zugesagt worden. Die Arbeitnehmer sind den Entgelterhöhungen, die im Vergleich zu den bisher geltenden Entgeltsätzen für sie ausschließlich vorteilhaft waren, nicht entgegengetreten. |
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| 4. Der Entstehung eines Anspruchs aus betrieblicher Übung steht die in Nr. 11 des Arbeitsvertrags für Vertragsänderungen vereinbarte Schriftform nicht entgegen. Eine einfache Schriftformklausel, nach der Änderungen und Ergänzungen des Vertrags zu ihrer Gültigkeit der Schriftform bedürfen, kann formlos, ausdrücklich oder durch konkludentes Verhalten, abbedungen werden. Dies kann - wie hier - auch durch eine formfreie betriebliche Übung geschehen (BAG 20. Mai 2008 - 9 AZR 382/07 - Rn. 17 mwN, BAGE 126, 364; 15. Mai 2012 - 3 AZR 511/11 - Rn. 75). Entscheidend ist, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer das formlos Vereinbarte übereinstimmend wollen, selbst wenn sie nicht an die Formvorschrift gedacht haben (BAG 19. Dezember 2007 - 5 AZR 1008/06 - Rn. 20). Hierfür spricht vorliegend die tatsächliche Vertragsdurchführung. |
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| II. Die Wirksamkeit der Vergütungsregelung ist, auch soweit diese vor dem 18. August 2006 begründet wurde, für den Streitzeitraum an den Bestimmungen des AGG vom 14. August 2006 zu messen. |
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| 1. Das AGG regelt nicht rückwirkend Sachverhalte, die bei Inkrafttreten des Gesetzes am 18. August 2006 bereits abgeschlossen waren (BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 33, BAGE 129, 72), es findet jedoch Anwendung, wenn die Benachteiligung auf einer vor Inkrafttreten des AGG geschlossenen Vereinbarung beruht und der Sachverhalt bei Inkrafttreten des AGG noch nicht abgeschlossen war. § 33 Abs. 1 AGG enthält keine entgegenstehende Übergangsregelung. Entscheidend ist allein der Zeitpunkt der Benachteiligungshandlung (vgl. BAG 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - Rn. 18, BAGE 133, 265; 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - Rn. 12, BAGE 141, 73). Die vom Kläger geltend gemachte Benachteiligung beruht zwar auf der Beibehaltung der bereits vor dem 1. April 2003 geltenden Altersstufen des § 6 RTV, auf deren Grundlage die Höhe der Grundvergütung, der Vergütungszulage und des Weihnachtsgelds festgelegt wurde. Sie ist jedoch hinsichtlich der streitgegenständlichen Vergütungsansprüche erst nach dem Inkrafttreten des AGG eingetreten. |
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| 2. Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Hiergegen verstößt die Altersstufenregelung. |
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| a) Der Begriff der Benachteiligung bestimmt sich nach § 3 AGG. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Der für eine unmittelbare Benachteiligung erforderliche Kausalzusammenhang ist gegeben, wenn die Benachteiligung an einen oder mehrere in § 1 AGG genannte Gründe anknüpft (BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - Rn. 14 BAGE 141, 73; 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - Rn. 13). |
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| b) Daran gemessen liegt eine unmittelbare Diskriminierung wegen Alters vor. Dies ergibt die Auslegung von § 6 RTV, dessen Altersstufenregelung von der Beklagten als Bestandteil der betrieblichen Übung übernommen wurde. |
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| aa) Die Stufenzuordnung knüpft in allen Stufen unmittelbar an das Lebensalter der Beschäftigten an. Dies ergibt sich aus § 6 Abs. 3 RTV, wonach die erstmalige Einstufung in eine bestimmte Stufe einer Vergütungsgruppe allein anhand des Alters erfolgt. Hinsichtlich des Stufenaufstiegs stellen § 6 Abs. 4 und Abs. 5 RTV ebenfalls auf das Lebensalter ab, auch wenn die Zunahme des Lebensalters im bestehenden Arbeitsverhältnis mit einer höheren Betriebszugehörigkeit einhergeht. Ein älterer Arbeitnehmer mit geringer Betriebszugehörigkeit wird, auch wenn man die Regelungen in § 6 Abs. 4 und Abs. 5 RTV berücksichtigt, stets einer höheren Stufe zugeordnet als ein jüngerer Arbeitnehmer mit einer längeren Betriebszugehörigkeit. |
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| bb) Arbeitnehmer wie der Kläger, die die höchste Altersstufe nicht erreicht haben, werden wegen ihres Lebensalters unmittelbar benachteiligt. Ihnen stehen im Vergleich zu älteren Arbeitnehmern, die der höchsten Altersstufe zuzuordnen sind, die streitgegenständlichen Vergütungsbestandteile Grundvergütung, Vergütungszulage und Weihnachtsgeld in geringerer Höhe zu. |
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| c) Die Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt. Eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung kann nach § 10 AGG unter den dort genannten Voraussetzungen zulässig sein. § 10 Satz 1 AGG gestattet die unterschiedliche Behandlung wegen des Alters, wenn diese objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Jedoch müssen nach § 10 Satz 2 AGG die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sein. Die Beklagte hat sich nicht auf Ziele berufen, die einen an das Alter anknüpfenden Stufenaufstieg rechtfertigen könnten. Wollte man annehmen, § 6 RTV ziele auf eine Berücksichtigung der Berufserfahrung, ginge die Regelung über das hinaus, was zur Erreichung des Ziels erforderlich und angemessen ist. Ein Kriterium, das auf die Betriebszugehörigkeit oder die Berufserfahrung abstellte, wäre zur Erreichung dieses Ziels geeigneter (vgl. EuGH 8. September 2011 - C-297/10 und C-298/10 - Rn. 77, Slg. 2011, I-7965). |
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| 3. Die Diskriminierung des Klägers kann nur durch eine Verpflichtung der Beklagten, ihn nach Vergütungsgruppe Vb Stufe 10 zu vergüten, beseitigt werden. |
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| a) Nach § 7 Abs. 2 AGG führt ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des Abs. 1 zur Unwirksamkeit der betreffenden Regelung. Kann die Benachteiligung nicht durch die Nichtanwendung der Regelung, sondern nur durch eine Anpassung „nach oben“ beseitigt werden, führt dies dazu, dass dem benachteiligten Arbeitnehmer ein Anspruch auf die vorenthaltene Leistung zuzuerkennen ist (BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 21, BAGE 140, 1; 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - Rn. 30, BAGE 141, 73; 14. Mai 2013 - 1 AZR 44/12 - Rn. 25, BAGE 145, 113). |
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| b) So verhält es sich hier. Die Beklagte kann den von der Altersstufenregelung begünstigten Arbeitnehmern für die Vergangenheit keine Leistungen entziehen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung kann bei Bestehen einer Diskriminierung, solange keine Regelungen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erfolgen, nur dadurch gewährleistet werden, dass den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vorteile gewährt werden wie den Angehörigen der privilegierten Gruppe. Die bestehende Regelung bleibt für die nicht benachteiligten Arbeitnehmer solange das einzig gültige Bezugssystem (vgl. EuGH 22. Juni 2011 - C-399/09 - Rn. 51; BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 31, BAGE 140, 1). |
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| 4. Die Beklagte kann keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen. |
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| a) Die Wirksamkeit einer vertraglichen Vereinbarung richtet sich grundsätzlich nach dem im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Recht. Verbotsgesetze können bereits wirksam begründete Dauerschuldverhältnisse jedoch in der Weise erfassen, dass diese für die Zukunft („ex nunc“) nichtig werden. Das setzt voraus, dass Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes die für die Zukunft eintretende Nichtigkeit erfordern. Gilt ein Verbotsgesetz ohne Übergangsregelung, erstreckt sich das Verbot auf alle Sachverhalte, die sich seit seinem Inkrafttreten in seinem Geltungsbereich verwirklichen. Der zeitliche Geltungsbereich wird nur durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes beschränkt (BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 38, BAGE 129, 72). |
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| b) Gemäß § 1 AGG ist ua. Ziel dieses Gesetzes, Benachteiligungen aus Gründen des Alters nicht nur zu verhindern, sondern auch zu beseitigen. Die mit der begrenzten Übergangsregelung in § 33 AGG einhergehende unechte Rückwirkung für Sachverhalte, die aus vor dem 18. August 2006 abgeschlossen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen resultieren, ist unter Beachtung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes zulässig. |
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| aa) Die Anwendung der Bestimmungen des AGG auf die vom Kläger für den Streitzeitraum geltend gemachten Vergütungsansprüche beinhaltet keine echte, sondern lediglich eine unechte Rückwirkung. |
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| Eine Rechtsnorm entfaltet echte Rückwirkung, wenn sie in einen abgeschlossenen Sachverhalt nachträglich ändernd eingreift (BAG 27. März 2014 - 6 AZR 204/12 - Rn. 43, BAGE 147, 373). Um eine unechte Rückwirkung handelt es sich demgegenüber, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition entwertet. Das ist der Fall, wenn - wie hier - belastende Rechtsfolgen einer gesetzlichen Regelung erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits „ins Werk gesetzten“ Sachverhalt ausgelöst werden („tatbestandliche Rückanknüpfung“; vgl. BVerfG 7. Juli 2010 - 2 BvL 14/02 ua. - Rn. 55, BVerfGE 127, 1; BAG 27. März 2014 - 6 AZR 204/12 - Rn. 46, aaO). |
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| bb) Unechte Rückwirkung ist grundsätzlich zulässig. |
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| (1) Grenzen ihrer Zulässigkeit können sich allerdings aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ergeben. Diese Grenzen sind erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung nicht geeignet oder erforderlich ist, um den Gesetzeszweck zu erreichen, oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen. Knüpft der Gesetzgeber für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte an, sind die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage abzuwägen. Der vom Gesetzgeber zu beachtende Vertrauensschutz geht nicht so weit, den normunterworfenen Personenkreis vor Enttäuschungen zu bewahren (BAG 27. März 2014 - 6 AZR 204/12 - Rn. 46, BAGE 147, 373). Die bloße allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde künftig unverändert fortbestehen, genießt keinen verfassungsrechtlichen Schutz, wenn keine besonderen Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten (vgl. BVerfG 7. Juli 2010 - 2 BvL 14/02 ua. - Rn. 57, BVerfGE 127, 1). Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens in die Wirksamkeit einer Regelung bestimmt sich ua. danach, inwieweit vorhersehbar war, dass diese als (unions-)rechtswidrig eingeordnet würde (vgl. BVerfG 10. Dezember 2014 - 2 BvR 1549/07 - Rn. 25). |
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| (2) Nach diesen Maßstäben ist das von der Beklagten in ein Fortbestehen der Gesetzeslage und die Wirksamkeit der Altersstufenregelung nach § 6 RTV gesetzte Vertrauen nicht schutzwürdig. Der Zweck des AGG, in Umsetzung der RL 2000/78/EG Ungleichbehandlungen zu beseitigen, kann, wie bereits unter II. 3. ausgeführt, nur durch eine Anpassung der Vergütung des Klägers nach oben erreicht werden. Die Richtlinie 2000/78/EG trat schon am 2. Dezember 2000 in Kraft und stellt in Art. 16 Buchst. b ausdrücklich klar, dass die Diskriminierungsverbote auch auf tarifvertragliche Bestimmungen Anwendung finden. Nach Art. 18 der Richtlinie 2000/78/EG war diese zudem spätestens zum 2. Dezember 2006 in nationales Recht umzusetzen. Die Beklagte musste damit rechnen, dass tarifvertragliche Regelungen auch am Verbot der Altersdiskriminierung gemessen werden. Deshalb konnte die Beklagte nicht darauf vertrauen, die Altersstufenregelung des § 6 RTV könne, soweit sie jüngere Arbeitnehmer benachteiligt, nach Inkrafttreten des AGG Bestand haben (vgl. BAG 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - Rn. 32, BAGE 141, 73). Das Vertrauen der Beklagten ist auch nicht aufgrund des Scheiterns der im Jahr 2006 geführten Tarifverhandlungen schutzwürdig. Hierin hat sich lediglich das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht. Ob die Erstreckung der in der BV 2008 vorgesehenen Übergangsregelungen über deren Geltungsbereich hinaus auf die vor dem 1. November 2002 eingetretenen Arbeitnehmer den Anforderungen von § 1 AGG genügt hätte (vgl. zur Zulässigkeit befristeter Übergangsregelungen EuGH 8. September 2011 - C-297/10 und C-298/10 - Rn. 99, Slg. 2011, I-7965) und unter Beachtung von § 87 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 und § 77 Abs. 3 BetrVG möglich gewesen wäre, kann dahingestellt bleiben. Die Beklagte hat das von ihr behauptete und vom Kläger bestrittene Überleitungsangebot und dessen Inhalt nicht dargelegt. Die Annahme eines solchen Angebots durch den Kläger hätte zudem nicht zu einer Gleichbehandlung mit den von der bisherigen Altersstufenregelung begünstigten Arbeitnehmern führen können. |
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| 5. Eine Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht geboten. Die Auslegung des den Vorschriften des AGG zugrunde liegenden unionsrechtlichen Verbots der Diskriminierung wegen des Alters ist durch die Entscheidung des Gerichtshofs vom 8. September 2011 in den Rechtssachen Hennings und Mai (- C-297/10 und C-298/10 - Slg. 2011, I-7965) geklärt. Einer Vorabentscheidung zur Klärung der Frage, ob eine individuelle „Anpassung nach oben“ zwingend vorzunehmen ist, bedarf es ebenfalls nicht. Der Gerichtshof überlässt es in gefestigter Rechtsprechung den nationalen Gerichten, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten den rechtlichen Schutz, der sich für den Einzelnen aus dem Unionsrecht ergibt, zu gewährleisten und die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu garantieren (EuGH 22. November 2005 - C-144/04 - Rn. 77, Slg. 2005, I-9981; 20. März 2003 - C-187/00 - Slg. 2003, I-2741). In Fällen dieser Art bedarf es keiner Vorlage an den EuGH (EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - Rn. 53, Slg. 2010, I-365; BAG 14. Mai 2013 - 1 AZR 44/12 - Rn. 28, BAGE 145, 113). |
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| 6. Die Höhe der geschuldeten Differenzvergütung ist nach der von der Revision nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellung des Landesarbeitsgerichts unstreitig. Auch die Wahrung der in § 19 RTV geregelten Ausschlussfrist durch den Kläger steht zwischen den Parteien außer Streit. |
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| 7. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger zutreffend die geforderten Prozesszinsen ab dem Folgetag der jeweiligen Rechtshängigkeit der Klageforderungen zugesprochen, §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2, § 187 Abs. 1 BGB (vgl. BAG 17. April 2012 - 3 AZR 280/10 - Rn. 27; 19. Februar 2014 - 5 AZR 1048/12 - Rn. 37). |
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| III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. |
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