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| Die Revision hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht der Anspruch auf Zahlung der restlichen Jahressonderzahlung für das Jahr 2007 nach Abs. 3 der Anlage 14 AVR nicht zu. Der Beklagte hat zu Recht von den Abweichungsmöglichkeiten nach § 1 Abs. 5 AVR iVm. Abs. 4 der Anlage 14 AVR Gebrauch gemacht. |
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| 1. Die Voraussetzungen nach Abs. 4 Satz 1 Anlage 14 AVR sind erfüllt. |
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| a) Nach Abs. 4 Satz 1 Anlage 14 AVR entfällt der Anspruch auf Auszahlung der im Juni des Folgejahres fälligen anteiligen Jahressonderzahlung, wenn der Dienstgeber nachweist, dass bei voller Juni-Zahlung der anteiligen Bruttopersonalkosten der Jahressonderzahlung für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein negatives betriebliches Ergebnis im Vorjahr vorliegen würde. Dabei gilt nach Satz 2 der Regelung der Nachweis als erbracht, wenn die Dienststellenleitung der Mitarbeitervertretung ein Testat eines vereidigten Wirtschaftsprüfers oder einer Treuhandstelle vorlegt, aus dem sich der Umfang des negativen betrieblichen Ergebnisses und die Summe der regulären betrieblichen Juni-Zahlung ergeben. |
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| b) Nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wies der Beklagte unter Berücksichtigung der anteiligen Bruttopersonalkosten der Jahressonderzahlung für Juni für das Wirtschaftsjahr 2007 ein negatives Betriebsergebnis in Höhe von 1.288.297,02 Euro auf. |
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| aa) Das folgt aus dem testierten Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Damit ist der Nachweis iSv. Abs. 4 Satz 2 Anlage 14 AVR als hinreichend erbracht anzusehen. |
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| bb) Soweit der Kläger eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör mit dem Hinweis gerügt hat, das Testat sei aus „Gefälligkeit“ gegeben worden und er habe nur kurze Zeit zur Prüfung erhalten, ist dieser Einwand unbeachtlich. Für ein Gefälligkeitstestat bestehen keine Anhaltspunkte. Abs. 4 Satz 2 Anlage 14 AVR verlangt keinen testierten Nachweis gegenüber den Mitarbeitern, sondern lediglich gegenüber der Mitarbeitervertretung. Dies ist erfolgt. Einen darüber hinausgehenden individualrechtlichen Anspruch begründet die Regelung des Abs. 4 Anlage 14 AVR nicht. Dagegen kann nicht eingewandt werden, es liege ein Eingriff in Individualrechte vor. Die restliche, kollektiv geregelte Jahressonderzahlung steht nach Abs. 4 Anlage 14 AVR unter dem Vorbehalt eines fehlenden negativen betrieblichen Ergebnisses. Die AVR-Regelung will verhindern, dass es nach der externen Begutachtung und der Prüfung durch die Mitarbeitervertretung noch zu individuellen rechtlichen Angriffen kommt. Sie sieht vielmehr eine verobjektivierte Feststellung gegenüber der Mitarbeitervertretung als ausreichend an. |
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| 2. Auch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 AVR sind erfüllt. |
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| a) Der Beklagte hat Leiharbeitnehmer nach dem AÜG nur zur kurzfristigen Überbrückung von Personalengpässen eingesetzt. |
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| aa) Nach § 1 Abs. 5 Unterabs. 1 Buchst. b Satz 2 AVR ist eine kurzfristige Überbrückung im Sinne dieser Regelung generell bei Einrichtungsträgern anzuerkennen, wenn in einer Einrichtung mit insgesamt mehr als 50 beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht mehr als 5 % der insgesamt im Jahresdurchschnitt beschäftigten Vollkräfte in den Einrichtungen des Trägers Leiharbeitnehmer im Sinne des AÜG sind. Bezogen auf die Einrichtung des Beklagten bestehen daran keine Zweifel. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts - die der Kläger nicht mit revisionsrechtlich relevanten Rügen angegriffen hat - hat der Beklagte lediglich 0,72 % seiner Mitarbeiter als Leiharbeitnehmer im Jahr 2007 in seinen Einrichtungen beschäftigt. |
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| bb) Entgegen der Auffassung des Klägers regelt § 1 Abs. 5 Unterabs. 1 Buchst. b Satz 2 AVR nicht nur die Beweislastverteilung und eine Beweiserleichterung für den Dienstgeber. Nach dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck der Regelung soll das Tatbestandsmerkmal „kurzfristige Überbrückung“ pauschalierend und abschließend ausgefüllt werden, indem bis zu einem bestimmten Prozentsatz der Mitarbeiter generell davon ausgegangen wird, es liege typischerweise lediglich eine kurzfristige Überbrückung vor. Einer weiteren Aufklärung bedarf es deshalb nicht. Dem Kläger wird die Möglichkeit einer Widerlegung nicht eröffnet. |
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| b) Der Beklagte wendet auf die Dienstverhältnisse seiner und der mit ihm verbundenen Einrichtungen, die Mitglied im Diakonischen Werk sind, die AVR iSv. § 1 Abs. 5 Unterabs. 1 Buchst. a AVR an. |
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| aa) Unstreitig wendet der Beklagte auf alle Dienstverhältnisse seiner Einrichtungen die AVR an. Dies gilt auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der mit ihm verbundenen S GmbH. |
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| bb) Auf die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der T GmbH werden hingegen die AVR - oder gleichwertige Arbeitsvertragsgrundlagen - nicht angewandt, obwohl es sich bei der T GmbH unstreitig um eine mit dem Beklagten verbundene Einrichtung handelt. Dennoch sind die Voraussetzungen des § 1 Abs. 5 Unterabs. 1 Buchst. a AVR erfüllt. Ob das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat, dass die sog. Tariftreueregelung in § 1 Abs. 5 Unterabs. 1 Buchst. a AVR lediglich auf Vollmitglieder anwendbar sei und bei Gastmitgliedern außer Betracht zu bleiben habe, weil § 1 Abs. 5 Unterabs. 1 Buchst. a AVR nur von „Mitgliedern“ und nicht von „Mitgliedern und Gastmitgliedern“ spreche, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls fallen Gastmitglieder dann nicht in den Anwendungsbereich dieser Regelung, wenn ihnen vom Vorstand des Diakonischen Werks ein Dispens von den Regelungen des § 4 der Satzung des Diakonischen Werks erteilt worden ist. Das war bei der T GmbH der Fall. |
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| (1) Zwar lässt sich aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 5 Unterabs. 1 Buchst. a AVR und der Systematik der AVR keine eindeutige Präferenz für die Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals der Regelung erkennen. Der Wortlaut ist nicht eindeutig. Auch systematische Überlegungen aus den AVR führen insoweit nicht weiter. |
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| (2) Der Sinn und Zweck des § 1 Abs. 5 Unterabs. 1 Buchst. a AVR spricht aber eindeutig dafür, dass Gastmitglieder, die die AVR-Regelungen aufgrund eines vom Vorstand des Diakonischen Werks erteilten Dispenses von den Regelungen des § 4 der Satzung des Diakonischen Werks nicht anwenden müssen, nicht unter den Anwendungsbereich dieser AVR-Regelung fallen. Mit der Regelung des § 1 Abs. 5 Unterabs. 1 Buchst. a AVR sollte verhindert werden, dass Einrichtungen des Diakonischen Werks ihren Mitarbeitern Arbeitsbedingungen anbieten, die sich von Arbeitsvertragsrichtlinien - oder vergleichbaren Regelungen - entfernen. Dies entspricht zum einen dem Verständnis der Dienstgemeinschaft iSd. § 1 Abs. 2 AVR und zum anderen auch den sich aus der Mitgliedschaft im Diakonischen Werk übernommenen Mitgliedspflichten. Nach § 4 Abs. 2 Nr. 7 der Satzung des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche von Westfalen (im Folgenden: Satzung) sind die |
| „Mitglieder verpflichtet, |
| | | die Mitarbeitenden nach Arbeitsbedingungen zu beschäftigen, die in einem kirchengesetzlich anerkannten Verfahren gesetzt werden, welches auf strukturellem Gleichgewicht der Dienstgeber- und der Dienstnehmerseite beruht, |
| | | sich der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse Rheinland-Westfalen oder einer gleichwertigen Kasse anzuschließen, mit der eine Überleitungsregelung besteht, |
| | | das Mitarbeitervertretungsrecht der Evangelischen Kirche von Westfalen anzuwenden und den Vollzug der Wahl der Mitarbeitervertretung unverzüglich der Geschäftsstelle des Diakonischen Werkes mitzuteilen, |
| | | das Kirchengesetz über die Ordnung der diakonischen Arbeit in der Ev. Kirche von Westfalen (Diakoniegesetz) in der jeweils gültigen Fassung anzuwenden“. |
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| Für Gastmitglieder bestimmt die Satzung in § 5 Abs. 4: |
| „Im Übrigen gelten für Gastmitglieder die Bestimmungen des § 4 entsprechend, soweit nicht der Vorstand abweichende Bedingungen festsetzt.“ |
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| Die Satzungsbestimmungen gehen somit für den Regelfall davon aus, dass Gastmitglieder grundsätzlich auch die AVR anwenden müssen und werden. Im Zusammenhang mit § 1 Abs. 5 Unterabs. 1 Buchst. a AVR bedeutet dies, dass eine Privilegierung einer Einrichtung in Form einer möglichen Reduzierung der Jahressonderzahlung grundsätzlich nur in Betracht kommen wird, wenn alle Dienstverhältnisse der Einrichtung und der verbundenen Einrichtungen die Arbeitsvertragsrichtlinien - oder vergleichbare gleichwertige Arbeitsvertragsgrundlagen - anwenden. Durch eine Ausgliederung von Einrichtungen, die zwar der Satzung des Diakonischen Werks verpflichtet sind, aber nicht die entsprechenden AVR anwenden, soll eine Anwendung der AVR durch die Einrichtungsträger nicht umgangen werden. Etwas anderes gilt aber dann, wenn der Vorstand des Diakonischen Werks einem Gastmitglied einen Dispens von den Bestimmungen des § 4 der Satzung erteilt hat. Die Dispenserteilung wirkt sich so aus, dass eine Zuständigkeit der Arbeitsrechtlichen Kommission und damit auch eine Verpflichtung, die AVR anzuwenden, nicht mehr besteht (siehe auch Scheffler/Mayer AVR-Kommentar 5. Aufl. Stand Januar 2011 § 1 Anm. 5). Die sog. Tariftreue wird damit nicht infrage gestellt. |
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| (3) Im Entscheidungsfall hat der Vorstand des Diakonischen Werks für die Gastmitgliedschaft der T GmbH mit Beschluss vom 14. Dezember 2006 auf die Einhaltung der Satzungspflicht, kirchliches Arbeitsrecht gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a der Satzung anzuwenden, verzichtet. Danach bestand für die T GmbH keine Verpflichtung, die AVR oder vergleichbare Regelungen anzuwenden. Daraus folgt, dass auch der Beklagte nicht mehr iSv. § 1 Abs. 5 Unterabs. 1 Buchst. a AVR verpflichtet war, dafür Sorge zu tragen, dass die mit ihm verbundene Einrichtung der T GmbH für die bei ihr beschäftigten Mitarbeiter die Regelungen der AVR anwendet. |
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| III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. |
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