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| Die Parteien streiten über Tarifentgelterhöhungen und den in § 6 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA vorgesehenen Stufenaufstieg zum 1. Oktober 2007. |
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| Der Kläger ist seit dem 23. Januar 1989 bei der Beklagten, die nicht tarifgebunden und deren Mehrheitsgesellschafterin die Stadt M ist, als Mitarbeiter im Bereich Hallentechnik/Tontechnik beschäftigt. Die Beklagte betreibt die Halle M und führt im Interesse der Stadt M und der Gemeinden des M Veranstaltungen aller Art - darunter auch Feste, Märkte, Ausstellungen und Messen - im eigenen und fremden Namen durch. |
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| Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Formulararbeitsvertrag vom 17. Januar 1989, der ua. regelt: |
| | | Herr L erhält eine Vergütung nach BAT VI b. |
| | Die Pauschalabgeltung von Überstunden erfolgt entsprechend der Betriebsvereinbarung. |
| | | | | | Die vertragschließenden Parteien sind sich darüber einig, daß sich sowohl alle übrigen Rechte als auch die Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis nach den Bestimmungen der für die H gültigen Betriebsvereinbarung richten, die somit Grundlage dieses Arbeitsvertrages ist.“ |
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| In einer Betriebsvereinbarung vom 8. Februar 2001 (im Folgenden BV) heißt es auszugsweise: |
| | | Anwendung von Tarifverträgen |
| | | Soweit in dieser Vereinbarung keine besonderen Regelungen getroffen sind, werden Bestimmungen der Tarifverträge BAT und BMT-G in der Fassung vom 01.08.2000 sowie NGG in der Fassung vom 01.01.1995 auf die Beschäftigungsverhältnisse wie folgt angewandt: |
| | | A. Mitarbeiter/innen im Verwaltungs- und gewerblich-technischen Bereich: |
| | | | | | | Der § 4 (Arbeitsvertrag, Nebenabreden), § 5 (Probezeit), § 7 (Ärztliche Untersuchung), § 8 (Allgemeine Pflichten), § 9 (Schweigepflicht), § 10 (Belohnungen und Geschenke), § 11 (Nebentätigkeit), § 13 (Personalakten), § 14 (Haftung), § 18 (Arbeitsversäumnis), § 37 (Krankenbezüge), § 38 (Forderungsübergang bei Dritthaftung), § 40 (Beihilfen), § 41 (Sterbegeld), § 42 (Reisekostenvergütung), §§ 47 - 52 (Urlaub, Sonderurlaub, Arbeitsbefreiung), §§ 53 - 61 (Beendigung des Arbeitsverhältnisses), (§ 53 Abs. 3 findet keine Anwendung), §§ 62 - 64 (Übergangsgeld) und § 70 (Ausschlußfristen des Bundesangestellten-Tarifvertrages (BAT)). |
| | | | | | | | | | Für die Arbeitszeit der Mitarbeiter/innen im Verwaltungs- und gewerblich-technischen Bereich gelten die §§ 15 bis 16 a BAT bzw. die §§ 14 und 15 BMT-G in der Fassung vom 01.08.2000.“ |
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| Die Beklagte zahlte dem Kläger bis September 2005 Vergütung nach VergGr. VI b BAT bzw. - nach Bewährungsaufstieg - nach VergGr. V b BAT. Dabei vollzog sie die Steigerung der Vergütung nach Lebensaltersstufen und die Tariferhöhungen nach, den Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT allerdings zwei Monate später als tariflich vorgesehen. Außerdem erhält der Kläger eine jährliche Sonderzahlung in Höhe von 80 % des durchschnittlichen Entgelts der Monate Juli bis September. Nach der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen zum 1. Oktober 2005 ordnete die Beklagte den Kläger der Entgeltgruppe 9/Stufe 4 TVöD zu. Er erhält seither - unter Einreihung in eine dem Vergleichsentgelt entsprechenden individuellen Zwischenstufe - ein Bruttomonatsgehalt von 2.925,75 Euro. Die nach der Tarifsukzession vereinbarten Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst der Kommunen gab die Beklagte nicht mehr weiter. Ebenso wenig vollzog sie den Stufenaufstieg nach § 6 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA. |
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| In einem Schreiben vom 21. Februar 2007 teilte die Geschäftsführerin der Beklagten den Beschäftigten mit: |
| | | Sehr geehrte Damen und Herren, |
| | anlässlich des Inkrafttretens des TVöD auf kommunaler Ebene sowie auf Bundesebene am 01.10.2005 sowie anlässlich des Inkrafttretens des Tarifvertrages der Länder in Nordrhein-Westfalen am 01.11.2006 hatte ich angestrebt, die zwischen H und dem Betriebsrat der H bestehende Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 in gemeinsamen Verhandlungen mit dem Betriebsrat zu überarbeiten und auf die neuen tariflichen Bestimmungen anzupassen. In der Vorbereitung dieser Anpassungsmaßnahmen habe ich mich juristisch beraten lassen. Dabei wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass die vor meiner Amtszeit mit dem Betriebsrat geschlossene Betriebsvereinbarung wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam ist. … |
| | Ich möchte daher ausdrücklich darauf aufmerksam machen, dass die H GmbH sich an die Betriebsvereinbarung ab sofort nicht mehr gebunden sieht. Sie wird lediglich einstweilen, namentlich bis zur Bekanntgabe einer neuen Regelung, angewendet. Dies geschieht allerdings ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht und ohne Bindungswirkung für die Zukunft und ausschließlich für die Übergangszeit bis zur Bekanntgabe dessen, was zukünftig für den Inhalt der Arbeitsverhältnisse gelten soll. |
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| Daraufhin wandte sich der Betriebsrat mit Schreiben vom 10. März 2007 an die Belegschaft wie folgt: |
| „Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, |
| | wir nehmen Bezug auf das Schreiben von Frau Dr. P vom 21.02.2007. Darin geht die Geschäftsleitung davon aus, dass die am 08.02.2001 geschlossene Betriebsvereinbarung unwirksam sei. Gleichzeitig wird mitgeteilt, dass sich die H GmbH ab sofort nicht mehr an diese Vereinbarung gebunden sieht. |
| | Wir als Betriebsrat der H haben in dieser Angelegenheit ebenfalls eine Rechtsauskunft eingeholt. Hier die wichtigsten Aussagen: |
| | | Unsere Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 ist weiterhin wirksam. |
| | | In unseren Arbeitsverträgen wird regelmäßig auf unsere Betriebsvereinbarung verwiesen. Selbst bei unterstellter Unwirksamkeit bleiben die darin enthaltenen Regelungen rechtsverbindlicher Bestandteil unserer Arbeitsverträge. |
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| Mit Schreiben vom 27. September 2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten erfolglos, die „Ergebnisse der Tarifeinigung“ vom 27. Februar 2010 auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden. |
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| Mit der am 29. Dezember 2010 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger entsprechend § 6 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA zum 1. Oktober 2007 den Stufenaufstieg nach Stufe 5 der Entgeltgruppe 9 TVöD-VKA, die Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst der Kommunen in den Jahren 2008 bis 2010 sowie entsprechend höhere Jahressonderzahlungen verlangt. Er hat geltend gemacht, § 2 Arbeitsvertrag enthalte eine dynamische Inbezugnahme der Tarifentgelte, die auch die Tarifsukzession im öffentlichen Dienst umfasse. Ausschlussfristen habe er nicht einhalten müssen. Die BV sei nach § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam. Es sei zudem rechtsmissbräuchlich, wenn sich die Beklagte auf eine Ausschlussfrist in einer von ihr selbst für unwirksam gehaltenen Betriebsvereinbarung berufe. |
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| Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt, |
| die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.694,53 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 162,75 Euro seit dem 1. Januar 2008, aus weiteren 2.536,70 Euro seit dem 1. Januar 2009, aus weiteren 2.845,45 Euro seit dem 1. Januar 2010 und aus weiteren 4.149,63 Euro seit dem 1. Januar 2011 zu zahlen. |
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| Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die vertragliche Vergütungsabrede enthalte keine dynamische Inbezugnahme des TVöD. Zumindest sei ein entsprechendes Entgelt anteilig der Verlängerung der Wochenarbeitszeit im kommunalen öffentlichen Dienst Nordrhein-Westfalens von 38,5 auf 39 Stunden ab Juli 2008 zu kürzen. Zudem seien mögliche Ansprüche des Klägers nach § 70 BAT bzw. § 37 TVöD wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung verfallen. Die entsprechende Regelung der BV gölte trotz deren Unwirksamkeit individualrechtlich fort. |
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| Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. |
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